Orang-Utans einmal hautnah in freier Wildbahn zu sehen war der Hauptgrund, der mich nach Borneo führte. Die großen, plüschigen Baumsäugetiere in einem ihrer übrig gebliebenen Lebensräume zu besuchen, war ein langersehnter Wunsch, der während meiner Reise durch Malaysia in Erfüllung gehen sollte. Denn Orang-Utans gibt es heutzutage nur noch auf Borneo und Sumatra zu finden.
Bei meiner Suche nach Orang-Utans auf Borneo schien die Auffangstation in Semenggoh die perfekte Adresse dafür zu sein. In zahlreichen Berichten habe ich ausschließlich Positives über das Semenggoh Wildlife Center gelesen. Doch mein Besuch stellte sich leider als ein schockierendes Erlebnis heraus.
Das Orang-Utan Wildlife Center in Semenggoh
ist an sich an eine super Institution, die grundsätzlich nur Gutes für die Tiere tut. Die Pfleger kümmern sich um die Orang-Utans, die verwaist aufgefunden oder aus der Gefangenschaft von privaten Besitzern gerettet wurden.
Die Tiere werden in dem Naturreservat über Jahre lang aufgepäppelt und langsam auf die Auswilderung in der freien Natur vorbereitet. Die Auffangstation befindet sich mitten in der Wildnis, wo die Orang-Utans nachdem sie ausgesetzt wurden, schließlich weiterleben und sich fortpflanzen können.
Warum ich dennoch von einem Besuch abraten würde, will ich dir hier genauer erzählen.
Fütterungszeiten
Ein Besuch im Wildlife Center ist nur zwischen 08:00-10:00 Uhr und 14:00-16:00 Uhr möglich. Wenn du bei der Morgen-Fütterung teilnehmen möchtest, solltest du gegen 09:00 Uhr da sein. Die Nachmittags-Fütterung findet gegen 15:00 Uhr statt. Nur zu diesen Zeiten können Besucher das Wildlife Center besuchen und auf ein Treffen mit einem oder einigen Orang-Utans hoffen.
Mit Betonung auf „hoffen“. Denn das Semenggoh Wildlife Center ist kein Zoo oder Freizeitpark, wo die Orang-Utans in einem umzäunten Raum leben und jederzeit besichtigt werden können. Es ist deren natürlicher Lebensraum, in denen die Menschen zu Gast sind und mit Glück einem der dort lebenden Tiere begegnen können. Da die Orang-Utans aber vor allem in der Trockenzeit nicht genug Futter im Wald finden, unterstützen die Pfleger sie mit der Fütterung, bei der die Besucher zuschauen dürfen.
Ich bin zu der Morgen-Fütterung gefahren und kam gegen 08:40 Uhr an der Fütterungsstation an, wo bereits ca. 50 andere Leute warteten.
„Ok, das geht ja noch“, dachte ich zu dem Zeitpunkt.
Doch alle paar Minuten kamen weitere Besucher dazu und die „Wartehalle“ wurde immer voller. Währenddessen verkündete ein Guide, dass sie die Orang-Utans bisher nicht gesichtet haben und dass ein Pfleger versucht die Tiere zur Fütterung zu rufen. Er wies darauf hin, dass es eben keine Garantie gibt, dass die Orang-Utans zur Fütterung kommen – das ist nun mal kein Zoo.
Da die Fütterungszeit offiziell nur bis 10:00 Uhr angesetzt ist, müssen danach alle Besucher das Naturreservat verlassen. Egal, ob die Orang-Utans zur Fütterung gekommen sind, oder nicht. Die Eintrittskarte gilt allerdings für den ganzen Tag. Du kannst also auch nochmal zu der Nachmittags-Fütterung wiederkommen.
Wo bleiben denn nur die Orang-Utans?
Fragten sich langsam alle ungeduldig. Egal wie häufig der Guide es wiederholte, dass sie nicht garantieren können, ob ein Orang-Utan kommt, so war die Enttäuschung greifbar zu spüren. Auch wenn ich von Vornherein wusste, dass es gut sein kann, dass ich keine Orang-Utans zu sehen bekomme, war auch ich in dem Moment ein wenig enttäuscht. (Schließlich war das der Hauptgrund, warum ich nach Borneo wollte.)
Da ich aber noch zu der Nachmittags-Fütterung gehen konnte, stellte ich mich schon fest darauf ein mein Glück einfach am Nachmittag erneut zu versuchen.
Doch dann, kurz bevor alle Gäste das Reservat schon hätten verlassen müssen, kündigte der Pfleger plötzlich an, dass zwei Orang-Utans doch auf dem Weg seien.
Und dann ging’s los…
Die Menschen drehten durch! Obwohl die Pfleger immer wieder dazu aufriefen, mehr Platz zu schaffen, versuchten sich doch alle bis in die ersten Reihen durchzuquetschen. Hunderte von Kameras, Handys und Selfie-Sticks ragten aus der Menschenmenge heraus.
Alle gerichtet auf ein Ziel: Den blauen Topf gefüllt mit Bananen, der für die Orang-Utans hergerichtet war. Eingequetscht in dem Gedrängel, habe ich mehr Rucksäcke und technisches Equipment vor das Gesicht bekommen als die Orang-Utans.
Wie eine Schar von Paparazzi, die auf einen ankommenden Star warteten, hielt jeder sein Gerät bereit, um möglichst ein tolles Bild zu knipsen. Und ich schämte mich ungemein, Teil dieser Schar zu sein.
Die Situation spitze sich dann richtig zu, als einer der Orang-Utans von der Fütterungsfläche in Richtung der Menschenmassen zulief. Vergeblich versuchten die Pfleger mehr Platz zu schaffen und die Menschen zurückzuweisen. Wieder mal waren alle nur darauf fokussiert so viele Bilder wie möglich von dem davonlaufenden Orang-Utan einzufangen.
Ich hatte mich auf diesen Augenblick so lange gefreut und konnte es kaum erwarten die Orang-Utans auf Borneo zu besuchen. Doch es war einfach nur schrecklich zu beobachten wie die Tiere mit den Kameras fast attackiert wurden.
Bei all der Mühe, die die Pfleger in das Wohlergehen der Orang-Utans investieren, erschließt sich mir einfach nicht, warum sie die Menschenmassen nicht limitieren. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich niemals nach Semenggoh gefahren.
Als ich dem Grab Fahrer auf dem Rückweg davon berichtet hatte, dass geschätzt 300 Leute allein bei der Morgen-Fütterung da gewesen sind, sagte er nur:
„Nur 300? Normalerweise sind es bis zu 500!“
Sorry, aber das kann doch weder gut für die Tiere, noch für die Menschen sein!
Unter diesen Bedingungen würde ich dir jedenfalls NICHT empfehlen die Orang-Utan Auffangstation auf Borneo zu besuchen! Solltest du aber dennoch hinfahren wollen, findest du hier die neusten Updates zu:
Semmengoh Wildlife Center – Anfahrt und Kosten
Die nächst gelegene Stadt ist Kuching, von der du jedoch nur noch mit einem Grab (lokale App für Transfer) oder mit dem Roller nach Semenggoh kommst.
ACHTUNG: Es gibt keine öffentlichen Busverbindungen mehr (Stand August, 2019).
Ich war ganz irritiert als ich in der Unterkunft nach den Bus Fahrtzeiten fragte und der Mitarbeiter mir erzählte, dass bereits seit über einem Jahr keine öffentlichen Busse mehr nach Semenggoh fahren. So blieb mir letztlich nur die Wahl einen Grab zu nehmen (von Kuching aus ca. 7€ pro Fahrt).
Eine Eintrittskarte kostet 10RM (ca. 2,18€) und ist für den ganzen Tag gültig.
6 Kommentar
Birgit Dietz
März 5, 2023 at 12:55 amHallo,
Wir kommen gerade von einer Hausbootstour in Borneo zurück. Durch Zufall habe ich gerade den Artikel gelesen über die Auffangstation der Orang-Utans in Semengoh, das tut mir schrecklich leid. Wir sind hier im Nationalpark Tanjung Putin. Auch hier gibt es keine Garantie dass man zu den Fütterungszeiten die Primaten sieht. Auf unserer dreitägigen Flussfahrt hatten wir Glück neben den endemischen Nasenaffen auch Langschwanzmakaken und zweimal wilde Orangutan zu sehen. Unser Glück ist perfekt, jeden Tag an einer der Futterstellen hatten wir Orang-Utans, einmal sogar einen Gibbon! Die Zahl der Gäste war sehr angenehm, meist so um die 15-20 Menschen, die selbstverständlich alle auch Fotos machen wollten, inklusive uns ! An der letzten Station kamen dann tatsächlich auch ein großes Rudel älterer Menschen dazu, die von einem Kreuzfahrtschiff her kamen. Unser Glück war, es waren alte Menschen die zum Teil nicht mehr so fit waren, die ganze Gruppe hat dich auseinander gezogen und ich bin mir sicher dass die letzten keine Orang-Utans mehr sah. Eigentlich taten die mir sehr leid, denn ich finde es toll wenn man im hohen Alter sowas noch erleben darf ! Da wir ja schon zwei Tage lang genug Affen und Primaten sahen war es für uns kein Problem zumal wir vor der Fütterungszeit das Glück hatten ein Weibchen mit Baby zu sehen und sie durch uns Gäste in majestätischer Anmut und Ruhe durch unsere kleine Gruppe durchlief!
Ich kann dies nur empfehlen!
Der Startpunkt ist die Stadt Pangkalanbuun
Und: es ist überaus wichtig dieses kleine Paradies zu erhalten-auch durch bzw mit Tourismus !
Katharina
März 5, 2023 at 1:18 pmHallo Birgit,
vielen lieben Dank für deinen Erfahrungsbericht zu dem Nationalpark Tanjung Putin. Die Flussfahrt hört sich wirklich toll an, vor allem, dass ihr dabei so viele verschiedene Affenarten sehen konntet und die Gruppenanzahl limitiert war. Danke dir für den Tipp, der ist für andere Leser sicherlich auch ganz nützlich. 🙂
Liebe Grüße,
Katharina
Anke
August 30, 2023 at 3:12 pmMoin Zusammen,
habe gerade eure Berichte gelesen und würde mich für die Bootstour entscheiden.
Nächstes Jahr im Mai fliege ich nach Indonesien Sulawesi und würde vorher auf Borneo meinen Kindheitstraum erfüllen, aber nicht um jeden Preis
Meine Fragen:
Wo ist es am Besten ohne diese Touristenschar und wie hoch sind die Kosten?
Wie fliege ich am Besten dorthin, von Jakarta oder?
Ich freue und bedanke mich jetzt schon für eure Antworten.
Dankeschön
Anke
Katharina
August 30, 2023 at 9:24 pmLiebe Anke,
vielen Dank für deine Nachfrage. Kurze Rückfrage: Was genau hast du denn in Borneo vor? Aus meiner Erfahrung auf der malaysischen Seite von Borneo (Sarawak) kann ich sagen, dass es dort grundsätzlich noch recht beschaulich zuging und ich nur wenigen Touristen begegnet bin. Die beliebten Spots sind das Rehabilitationscenter in Semenggoh und der Nationalpark Bako, wo man auf einige Touristen trifft. Da der Nationalpark aber sehr groß ist und es zahlreiche Wanderwege gibt, merkt man das jedoch kaum.
Die Kosten hängen von vielen Kriterien ab: Anreise, Dauer, Unterkunftsart und was du dort unternehmen möchtest. Das kann ich dir leider nicht pauschal beantworten.
Es gibt mehrere Option wie du von Indonesien nach Borneo kommen kannst. Das kommt aber auch zunächst drauf an von wohin du in Borneo reisen möchtest (Indonesische Seite, Malaysische Seite oder Brunei). Du kannst z.B von Tangerang oder Jakarta fliegen, Direktflüge gibt es von Kuala Lumpur oder Singapur.
Ich hoffe, das hilft dir zur Orientierung.
Liebe Grüße,
Katharina
Alina
September 13, 2023 at 3:32 pmHallo liebe Katharina,
das ist ja wirklich schrecklich zu hören.
Wir waren dieses Jahr im Natur Resort und kann positives berichten. Wir waren vielleicht 50 Leute auf der Plattform, die Pfleger und auch unser Guide waren sehr bemüht darum, dass die Menschen leise sind und genug Abstand halten. Die Leute waren auch sehr freundlich und wir haben uns gegenseitig auf die Orang-Utans hingewiesen. Vielleicht haben sie mittlerweile eine Bergrenzung an Personen oder wir hatten einfach Glück.
Ich finde die Besichtigung zu Fütterungszeiten sehr gut, da die Orang-Utans die restliche Zeit des Tages Ruhe haben. Mir ist Tier- und Naturschutz sehr wichtig und ich finde hier wird das Wildlife für Touristen gut ermöglich.
Katharina
September 13, 2023 at 6:10 pmLiebe Alina,
vielen Dank für deinen Kommentar und dass du deine Erfahrung teilst. Sowas finde ich super wertvoll! Das freut mich sehr zu hören, dass es bei eurem Besuch reglementierter zuging und dass die Besucher auch so verantwortungsvoll waren. Ich hoffe, das bleibt so und dass andere auch so eine tolle Erfahrung machen und Orang-Utans in einem geschützten Rahmen erleben können 🙂
Liebe Grüße,
Katharina